Cannabis für das Auto
Salzburger Nachrichten / Lebensart / 12.06.2010
Als Levi Strauss 1873 die ersten Jeans-Hosen herstellte, verwendete er dazu Zeltplanen-Stoff aus Hanf. Wegen der großen Nachfrage musste er aber schon bald auf den blau gefärbten Baumwollstoff Denim umsteigen. Nicht nur bei Levi’s, sondern in der gesamten Textilindustrie geriet Hanf Ende des 19. Jahrhunderts gegenüber der Baumwolle ins Hintertreffen. Aus einem einfachen Grund: Für die Verarbeitung der Baumwolle gab es bereits industrielle Verfahren, während Maschinen für die Verarbeitung von Hanffasern und -kernen erst in den 1930er-Jahren entwickelt wurden. Ähnliches passierte beim Papier. Ab 1851 konnten Lignin und Harze vom Holzschliff abgetrennt und Zellstoff hergestellt werden. Es dauerte nicht lang und Holz hatte Hanf fast völlig als Papierrohstoff abgelöst. Der höchst umweltschädliche chemische Produktionsvorgang störte damals noch niemanden. Schließlich verdrängten auch noch Jute und Sisal – in Übersee-Kolonien zu Billigstlöhnen fabriziert – den Hanf als Material für Säcke, Planen und Gurte.
Auch wegen der Kriminalisierung von Cannabis (siehe Text unten) sank der Hanfanbau in Europa auf ein Minimum und erlebte nur noch während der beiden Weltkriege ein kurzes Zwischenhoch, als durch Handelsblockaden Ersatzstoffe notwendig wurden. In Deutschland gab 1981 der letzte Hanfbauer auf – er hatte sich vor Gericht verantworten müssen, weil US-Soldaten bei Manövern sich direkt auf seinen Cannabis-Feldern bedient und eingeraucht hatten.
Brachliegende Anbauflächen wegen Lebensmittel-Überproduktion, Umweltprobleme, steigender Erdölpreis – all das ermöglichte Anfang der 1990er-Jahre die Chance auf ein Comeback für nachwachsende Rohstoffe. Profitiert davon haben vor allem Raps und Flachs. Der Hanf konnte sein Potenzial wiederum nicht ausspielen – beim Reizwort „Cannabis“ kannten die Behörden keinen Spaß. Strengste Auflagen und massive Kontrollen ließen interessierte Landwirte die Lust am neuen, alten Rohstoff rasch wieder verlieren. „Das Betäubungsmittelgesetz hat es geschafft, Hanf als Nutzpflanze nicht wieder aufkommen zu lassen und gleichzeitig den Genuss von Hanf als Rauschmittel auf nie gekannte Höhen zu führen“, heißt es in einer Studie des Katalyse-Instituts für angewandte Umweltforschung in Köln 1993.
Ende der 1990er-Jahre ging dann doch einiges weiter, sogar die Europäische Union förderte nun den Hanfanbau. In erster Linie ging es darum, aus den Fasern Dämmmaterial zu gewinnen. Es war ein äußerer Zwang, der dieses Umdenken förderte: Die Autoindustrie ist bis heute ein dankbarer Abnehmer, weil die Verwendung von abbaubarem Material zwingend vorgeschrieben ist. So steckt bei allen Baureihen von Mercedes-Benz Cannabis neben Kokos- , Sisal- oder Bananenfasern in der Tür-Innenverkleidung, in Kopfstützen, Hutablagen oder den Sitzen.
Nicht unter dem, sondern manchmal am Hintern sitzt der Hanf bei den Erzeugnissen im Salzburger Naturmoden-Geschäft von Sabine Eberlin. Rund ein Fünftel ihres Umsatzes macht Kleidung aus, die ganz oder teilweise aus Cannabis gefertigt ist. Optisch muss Hanfmode längst nicht mehr den Vergleich mit anderen Stoffen scheuen. Und die Zielgruppen sind bunt gemischt: „Manche fragen, ob man die Hose auch rauchen kann“, sagt Eberlin. „Aber es kaufen auch Frauen in den Wechseljahren, die den guten Schweiß-Abtransport schätzen.“
Ob am oder im Körper, Cannabis wirkt: „Was in Österreich angebaut wird, geht zu 90 Prozent in Lebensmittel“, sagt Stefan Riegler-Nurscher, Chef der „Hanfwelt“ (www.hanfwelt.at ) in St. Leonhard am Forst (NÖ). Die Palette der cannabishaltigen Lebensmittel ist nahezu grenzenlos: Hanfbrot, Hanfnüsse, Hanfmilch, Hanfbier, Hanfspeiseöl, Hanftee, Hanfmüsli, Hanfschokolade sind nur einige der Produkte, die es schon im Handel gibt.
Ernährungswissenschafter geraten ins Schwärmen, wenn es um die Vorzüge der Hanfsamen geht. Sie enthalten alle essenziellen Aminosäuren sowie ungesättigte Fettsäuren, darunter die seltene Gamma-Linolensäure, weiters wichtige Mineralstoffe wie Kalzium und Magnesium, hochwertige Proteine, Vitamin B1, B2, und E, Calcium.
Bernhard Paulweber, Leiter der Stoffwechselambulanz am Salzburger Universitätsklinikum, untersuchte 2007, wie sich der regelmäßige Konsum von Trinkhanf auswirkt. Schon nach wenigen Wochen regelmäßigen Konsums der Milch-Alternative mit leicht nussiger Geschmacksnote sank das Herzinfarktrisiko der Testpersonen um 15 bis 20 Prozent.
Die Cannabis-Pioniere wundert das nicht. Und sie sehen Licht am Ende des Hanfwaldes: „Allein im letzten Jahr ist die österreichweite Anbaufläche von 300 auf 370 Hektar gestiegen“, sagt Stefan Riegler-Nurscher. Seit die EU-Förderungen reduziert worden sind, gab es keinen so starken Zug zum Hanfanbau mehr. Hinter dem neuen Boom stecken weniger weltanschauliche Gründe als vielmehr knallhartes wirtschaftliches Kalkül: „Die Preise für die meisten Getreidesorten sinken, der für Hanf steigt“, erklärt Riegler-Nurscher.
Dabei würde vieles dafür sprechen, ganze Landstriche mit Hanffeldern zu bedecken. Keine landwirtschaftlich genutzte Pflanze kann eine so positive CO2 -Bilanz aufweisen, wie Riegler-Nurscher erläutert: „Zwischen Aussäen und Ernten muss ich kein einziges Mal mit dem Traktor auf das Feld. Es muss nicht gedüngt werden, die Pflanze wurzelt tief und hinterlässt daher einen guten Boden für die nächste Aussaat.“ Optimale Anbauflächen gäbe es genug, vor allem in Ober- und Niederösterreich, Kärnten und dem Burgenland. Auf bis zu 500 Metern Seehöhe gedeiht Hanf prächtig, nur allzu feucht mag er es nicht.
Fehlt also nur noch die Nachfrage. Hanf als trendiger Lifestyle – vielleicht muss Levi’s sich auf seine Wurzeln besinnen und Jeans herstellen, die man tatsächlich auch rauchen könnte.
Hanföl - ideales Speiseöl durch ausgewogenes Fettsäure-Spektrum
Vitaljournal
Ein altes Pflanzenöl wird neu entdeckt: Hanf (cannabis sativa) gehört zu den wenigen Pflanzenarten, deren Wert bereits vor Jahrtausenden erkannt und die deshalb kultiviert wurde. Die Hanfpflanze ist weitestgehend krankheitsresistent. Durch ihr schnelles Wachstum – in 120 Tagen 4 Meter – werden andere Kräuter unterdrückt. Deshalb benötigt man sogar im konventionellen Anbau keine Pestizide. Hanf hinterlässt sehr lockeren, unkrautfreien Boden und ist über viele Jahre selbstverträglich im Anbau. In Europa darf nur drogenfreier Hanf angebaut und verarbeitet werden.
Hanf schützt durch seine Eigenschaften auf natürliche Weise die Ressourcen Boden, Wasser und Luft. Mit Hanf kann man sich natürlich ernähren und kleiden, bauen und heizen. Aus den Samen (Nüssen) entsteht hochwertigstes Speiseöl.
Der Hanfsamen ist botanisch eine Nuss, die Hanfnuss. Der ernährungsphysiologische Wert der Hanfnuss ist aufgrund des außerordentlich hochwertigen Öles und Eiweißes kaum zu überbieten. Sie enthält 35 % Öl, 24 % Proteine, 25 % Kohlenhydrate, 13 % Ballaststoffe und eine Vielzahl an Vitaminen und Mineralstoffen. Und darüber hinaus alle essentiellen Aminosäuren, die mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Hanfnussöl war bis ins 19. Jahrhundert eines der meistgebrauchten Speiseöle. Heute wird das reine, kaltgepresste Öl aufgrund seiner Bedeutung für die Ernährung wiederentdeckt. Für die Bundesanstalt für Fettforschung ist es das ideale Speiseöl für die kalte Küche.
Hanfnussöl ist durch die Ausgewogenheit des Fettsäurespektrums so wertvoll. Es hat einen sehr hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (80 %). Die zweifach ungesättigte Linolsäure (50-70 %) kommt im Idealverhältnis von 3:1 zur dreifach ungesättigten Omega-3-Säure (15-25 %) vor. Diesen Wert, der dem unserer Körperzellen annähernd entspricht, weist nur das Hanfnussöl auf. Deshalb ist es auch für den menschlichen Stoffwechsel so vorteilhaft. Es hilft bei der Entwicklung der Gehirnfunktionen und des Immunsystems und bei der stetig ablaufenden Zellerneuerung. Auch soll es hohen Cholesterinspiegel positiv beeinflussen. Sie müssen also nicht zweimal die Woche Fisch essen, wie oft empfohlen wird, wenn Sie Hanf in Ihre Ernährung einbeziehen. Während Fisch den Nachteil hat, dass er oft mit Schwermetallen belastet ist, wächst Hanf selbst im konventionellen Anbau ohne Pestizide. Und schon 20 g Hanföl decken den Tagesbedarf dieser essentiellen Fettsäuren!
Hanfnussöl enthält als einziges Speiseöl die sehr seltene und medizinisch wirksame Gamma-Linolsäure (3,3 %), die zum Beispiel den Blutfettspiegel reguliert und damit Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall vorbeugt, außerdem die Abwehr stärkt und bei Hautkrankheiten wie Neurodermitis, bei Arthritis, dem Prämenstruellen Syndrom und bei Befindlichkeitsstörungen während der Wechseljahre Linderung verschaffen kann.
Das Wichtigste am Hanfnussöl ist aber, dass es durch seinen dezent nussigen Geschmack unsere Küche bereichert. Vor allem bei Salaten oder beim Dünsten von Gemüse. Entsprechend angetan reagierten unsere Leser-Verkosterinnen auf das Hanföl, das sie vom „Vitaljournal“ für einen Geschmackstest in die Küche geliefert bekamen:
Hanfwelt Hanföl
„Dieses Öl hat einen schönen leichten Eigengeschmack und ist hervorragend für Salate geeignet. Ich würde es in jedem Fall weiterhin verwenden“ (Christina Schönberg). „Ein angenehm mildes Öl, fast geschmacksneutral“ (Constanze Straub). „Das Hanföl ist gut zu verarbeiten“ (Nadja Abt).
Die österreichische Familie Riegler-Nurscher kann als eine von wenigen in Europa auf viele Jahre Erfahrung sowohl im Anbau als auch in der Verarbeitung der Naturpflanze Hanf zurückgreifen. Auf den Feldern ihres Bauernhofs in St. Leonhard (Niederösterreich) baut die Familie Bio-Hanf an und verarbeitet die hochwertigen Körner, Blätter und Blüten gleich weiter. Die sonnige Lage lässt den Hanf auch ohne Pestizid- und Düngereinsatz gut reifen. So entsteht die beste Grundlage für geschmackvolle und kraftspendende Bio-Hanflebensmittel. Seit 2006 gibt es die Bio-Hanfprodukte von „Hanfwelt“ auch in zahlreichen Naturkostläden in Deutschland. Oder Sie bestellen direkt bei: www.hanfwelt.at.
Sehr empfehlenswert ist die Broschüre „Das neue Hanfkochbuch“ von Veronika Ramsauer, ISBN: 3-00-019938-1. Frau Ramsauer aus Bernau in Bayern nutzt Hanfkörner, Hanfnudeln und das Hanfnussöl für eine abwechslungsreiche, leicht nachkochbare und gesunde Küche.
Warum war Hanf in Vergessenheit geraten?
Aufgrund von erfolgreicher Lobby- und Propagandaarbeit in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den USA, die zum Ziel hatte, Hanfprodukte zurückzudrängen, damit sich die Baumwolle mit ihrem höherem Pestizidbedarf durchsetzen kann. Auch sollten der Markt für Kunstfasern aus Erdölprodukten (Nylon, Perlon) und die Papierherstellung auf Holzbasis durch die von der US-Rauschgiftbehörde geführte Anti-Hanf-Kampagne verbessert werden. So waren die USA das erste Land, das den Anbau verbot. Neuere Studien widerlegen die damals größtenteils frei erfundenen Argumente. Hanfsamen und das daraus hergestellte Öl sind ohnehin frei vom Rauschmittelwirkstoff THC, dieser ist nur in den harzigen Drüsenhaaren an den Unterseiten der Blätter. Um Cannabis-Anbau vorzubeugen, sind heutzutage in der EU nur Hanfsorten für den Anbau genehmigt, die weniger als 0,2 Prozent THC enthalten.
Eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit:
Schon vor 3.000 Jahren setzten Chinesen Seile aus Hanf in der Schifffahrt ein. Aus Hanf wurden aber nicht nur Seile und Stoffe, sondern auch Papier (z.B. für die Gutenberg-Bibel und die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung), Textilien (die erste Levi´s Jeans), Öle, Tees und Gebäck hergestellt. Der Anbau der bis zu 4 Meter hohen Pflanze ist seit 1996 in Deutschland wieder zugelassen worden und wird nun sogar staatlich gefördert. Auf Pestizide und Düngemittel kann verzichtet werden. Und nach der Ernte hinterlässt die Hanfpflanze eine verbesserte Bodenstruktur.
Hanf ist kraftvoll in unser Alltagsleben zurückgekehrt!
Zeit also, dem Hanf wieder die Wertschätzung entgegen zu bringen, die er verdient. Sucht man im Internet nach Hanfprodukten, so stößt man rasch auf eine Vielzahl von seriösen Unternehmen, die verschiedenartigste Hanfprodukte anbieten. Waschmittelhersteller stellen z.B. aus Hanfsamen die biologisch abbaubaren Tenside her. Die Automobilindustrie nutzt Hanffasern. Häuser werden mit Platten aus Hanf atmungsaktiv und schimmelsicher gedämmt. Textilien aus Hanffasern sind im Gegensatz zu den meisten Baumwoll-Textilien völlig frei von Pflanzenschutz-Rückständen, sind atmungsaktiv, abriebfester und können bei 95° gewaschen werden. Hanfpapier schont die Wälder, da aus einem Hektar Hanf die drei- bis vierfache Menge an Papier gewonnen werden kann als aus Papierholz. Hautpflegeprodukte enthalten Hanföl, das mit seiner Gamma-Linolensäure hautberuhigend wirkt und eine natürliche Rückfettung begünstigt. Und als Speiseöl ist Hanf ein Lieferant ausgezeichneter Inhaltsstoffe für unseren Zellaufbau. - Hanf ist also in unser alltägliches Leben zurückgekehrt – ein kraftvolles Comeback!
In der sanften Hügellandschaft des Mostviertels in St. Leonhard am Forst ist unsere Bio-Hanfwelt zuhause. Auf den Feldern rund um unseren Hof bauen wir Hanf, Leinsamen, Futterhafer, Futterweizen, Futtergerste, Wechselwiese, Ackerbohnen, Luzerne, Rotklee und Peluschke an. Unsere Landwirtschaft ist aber nicht nur das Zuhause dieser Marktfrüchte, sondern bei uns leben auch 500 Weidegänse, 15 Legehennen, 500 Wildmasthendl und unser Hofhund "Henry".
Eine artgerechte Tierhaltung, ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur und ein sorgfältiger Einsatz von Ressourcen sind uns ein besonderes Anliegen. Nur, wenn wir die Natur und ihren Kreislauf respektieren, können wir mit gutem Gewissen gute Produkte erzeugen.
Durch eine biologische Bewirtschaftung unserer Felder, die Beachtung idealer Anbau- sowie Erntezeiten, eine möglichst dauerhafte Begrünung der Ackerflächen mit Zwischenfruchtmischungen und laufende Weiterbildungen setzen wir auf eine schonende Nutzung unseres Bodens.